Paul Abraham

02/11/1892 Apatin, 06/05/1960 Hamburg  

Biografie

Paul Abraham wurde im heutigen Serbien als Sohn einer ungarischen Familie geboren. Sein Vater Jakab war Kaufmann, später Direktor eines kleinen Bankhauses, die Mutter Flóra Blau stammte aus Ungarn. Paul besuchte in seinem Geburtsort zunächst die Bürger- und die Wirtschaftsschule, von 1906 bis 1909 war er Schüler der Handelsschule in Budapest. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte die Familie nach Budapest, wo Paul von 1913 bis 1917 Komposition an der Königlich-Ungarischen Musikakademie studierte. Nach dem Krieg spekulierte er an der Börse, verlor wegen der Inflation jedoch nicht nur sein gesamtes Vermögen, sondern verbrachte als Bankrotteur wahrscheinlich auch einige Zeit im Gefängnis. 

Wie viele andere Operettenkomponisten hatte er zunächst mit dem „ernsten“ Genre begonnen: Er komponierte geistliche Werke, Streichquartette, auch ein Konzert für Violoncello. 1927 beteiligte er sich am Stummfilm Die Frau aus dem Orient und trat am Budapester Operettentheater (Operettszínház) eine Stelle als Kapellmeister an; hier wurde am 13. Oktober 1928 auch seine erste abendfüllende Operette, Der Gatte des Fräuleins, uraufgeführt. Der eigentliche Durchbruch in seiner Karriere stand ihm jedoch noch bevor. Im Jahre 1930 katapultierte die Uraufführung der Operette Viktoria und ihr Husar in Leipzig den bisher unbekannten Komponisten aus Budapest ins Zentrum des deutschen Musiklebens – ein Werk, dass trotz seines konventionellen Titels dem Publikum eine ausgesprochen moderne Musik bot: Die Jazzoperette war geboren. Das übliche symphonische Orchester hatte Abraham um eine vollständige Jazzband erweitert; aus Ungarn hatte er zudem hervorragende Sänger wie Oszkár Dénes, Gitta Alpár und Rózsi Bársony mitgebracht, die bald als Stars der europäischen Operette der 1930er-Jahre bewundert wurden. Viktoria und ihr Husar eroberte die Theaterbühnen, Paul Abraham wurde fast über Nacht zu einer europäischen Berühmtheit.

Paul Abrahams kurze, aber umso glänzendere Karriere begann 1930 mit der Operette Viktoria und ihr Husar. Das komische Duett „Mausi, süß warst du heute Nacht“ wurde zum Schlager. Hören Sie es in der Interpretation durch damalige Stars der Abraham-Operette: Oszkár Dénes, und Lizzi Waldmüller.

Ruhm und Reichtum
Innerhalb weniger Monate wurde Paul Abraham ein reicher Mann. Er kaufte eine Rokoko-Villa in Berlin, wo er Partys organisierte, bei denen sich die Berliner High-Society traf. Sein wildes Leben war mit einer kreativen Explosion verbunden: Abraham komponierte, dirigierte und schrieb Filmmusik. Auch seine Operette Die Blume von Hawaii (1931), die Geschichte eines deutschen Matrosen, der sich in ein Mädchen aus Hawaii verliebt, war ein Triumph, den im darauffolgenden Jahr das letzte große Operettenereignis der Weimarer Republik – Ball im Savoy mit Gitta Alpár, Herbert Ernst Groh, Oszkár Dénes und Rózsi Bársony in den Hauptrollen – noch übertraf. Die Operette hatte „in einer glanzvollen Aufführung einen so stürmischen Erfolg, dass das Große Schauspielhaus für längere Zeit ausgesorgt haben wird“, so heißt es in einer Berliner Kritik, ohne zu ahnen, wie falsch diese Prophezeiung sein sollte. Über Abraham und seinen Erfolgen verdichteten sich die dunklen Wolken des Nationalsozialismus.

Abrahams „Schlager-Dramaturgie“ war für die letzte Phase der Operette in den 1930er-Jahren charakteristisch: eine Mischung von Sentimentalität und Erotik, von Jazz und Revue auf der Grundlage der klassischen Operette. Kein Wunder, dass der Komponist auch im damals noch neuen Tonfilm seinen Platz fand. 1929 schrieb er die Musik zum Film Melodie des Herzens. Sein größter Erfolg im deutschen Film war jedoch Die Privatsekretärin von 1931 mit Renate Müller in der Titelrolle. Auch seine populärsten Operetten – Viktoria und ihr Husar (1931), Die Blume von Hawaii (1933) und Ball im Savoy (1935) – wurden Anfang der 1930er-Jahre verfilmt. Darin glänzten auch von ihm entdeckte Schauspielerinnen wie Marta Eggerth, die sich später in der amerikanischen Filmindustrie etablierte.

Rózsi Bársony als Daisy Darlington in der Verfilmung der Operette Ball im Savoy (1935).

Warum muss ich fort?
Nicht einmal einen Monat nach der Uraufführung von Ball im Savoy wurde Hitler Reichskanzler, was einen Schicksalsschlag nicht nur für Paul Abraham, sondern auch für zahlreiche Kollegen bedeutete, die wie er jüdischer Herkunft waren. Ball im Savoy wurde bereits am 2. April 1933 abgesetzt, und Abraham musste nicht nur sein geliebtes Berlin, sondern auch Deutschland überstürzt verlassen. In seiner Berliner Villa ließ er etwa 300 unveröffentlichte Kompositionen zurück, die sein Diener später an deutsche Komponisten verkaufte, die über Nacht zu Hitmachern wurden und satte Tantiemen einnahmen. Der Filmregisseur Géza von Cziffra, dessen Leben auch mit Prag verbunden war, erinnerte sich später an ein Gespräch, das er mit Abraham vor seiner Flucht aus Berlin geführt hatte: „In dieser Stadt wollte ich sterben.“ –  „Das kannst du immer noch, Paul“, antwortete Cziffra. „Wenn der Spuk vorbei ist, kommst du einfach zurück.“ – „Aber warum muss ich fort?“, seufzte der Komponist. „Nur weil ich beschnitten bin?“.

Im Abgrund versunken
Paul Abraham kehrte nach Budapest zurück und schrieb weitere Operetten für ungarische und österreichische Theater – gemeinsam mit seinem Librettisten Alfred Grünwald, dem Ko-Autor (mit Fritz Löhner-Beda) seiner drei erfolgreichsten Operetten; die letzte war Roxy und ihr Wunderteam (1937). Keine konnte jedoch an die vorherigen Erfolge anknüpfen. Im Jahr 1938 wurde die Situation in Europa immer gefährlicher, im Februar 1939 verließ Abraham Ungarn. Er vebrachte zunächst ein Jahr in Paris, es folgten Havanna und schließlich New York. Amerika hatte seiner Musik jedoch den Rücken gezeigt – seine Musik war bereits aus der Zeit gefallen. Sein Begleiter Alfred Grünwald schrieb im Jahre 1943: „Ich bedauere es aufs tiefste, […] dass wir so vertrottelt waren, nicht zehn Jahre früher nach New York zu kommen; wir wären bei Theater und Film längst die größten Leute! Heute ist es hundertmal schwerer …“.

Auch die Rechte an seinen größten Schlagern der Vorkriegszeit besaß Abraham nicht, sodass sich seine finanzielle Situation zunehmend verschlechterte; hinzu kamen Symptome einer psychischen Erkrankung. 1946 wurde er hospitalisiert, als er auf der Madison Avenue mitten im Verkehr ein imaginäres Orchester dirigierte: in schneeweißen Handschuhen wie in der Zeit seines größten Ruhms. Er wurde in eine psychiatrische Klinik in Queens eingewiesen (mit der Diagnose Meningeale Syphilis), wo er rund zehn Jahre in einem Zimmer mit 14 weiteren Patienten lebte. Er arbeite in  der Küche und kehrte die Treppen. 

Auf Initiative von Alexander Paal, einem Freund Abrahams, wurde nach dem Krieg in Hamburg ein Paul-Abraham-Komitee mit dem Ziel gegründet, den kranken Komponisten nach Deutschland zu bringen. 1956 kam er zuück, die nächsten 16 Monate verbrachte er im Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf. Sein Zustand stabilisierte sich zwar, doch bis zu seinem Tod glaubte er, in New York zu sein. In Briefen an seine Freunde schrieb über seine erfolgreichen amerikanischen Premieren. Er starb am 6. Mai 1960 an den Folgen einer Operation, bei dem ihm ein Tumor aus dem Kniegelenk entfernt worden war. 

Paul Abraham war nur drei Jahre lang ein Star der europäischen Operette. Dennoch gelang es ihm, dem Genre einen neuen, frischen Wind einzuhauchen. Seine Karriere wurde durch die Nationalsozialisten jäh unterbrochen. Obwohl sein Genie verstummte, überlebten seine wunderbaren Melodien. Wir können sie heute mit derselben Freude hören wie das Publikum in den 1930er-Jahren.

Das Lied Toujours l’amour aus der Operette Ball im Savoy erinnert an die Zeit des größten Ruhmes von Paul Abraham.

Kooperationen

Organisiert von

Unterstützt von

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Kooperation

Medien-Partner

Medien-Partner

Medien-Partner

Kontakt

Obligatorische Daten